Die USA, das drittgrößte Land der Erde mit all seine verschiedenen Facetten, kennen lernen – "Nichts wie los!" dachte ich mir. Das New Yorker Orientation Camp war auch schon ein super Start in das große Abenteuer: Sightseeing in einer der berühmtesten und beeindruckendsten Metropolen überhaupt und das Zusammensein mit Jugendlichen aus aller Welt, die alle das Gleiche vor sich haben. Auf dem Weiterflug von New York nach Indianapolis war mir dann allerdings schon ziemlich mulmig zumute. Außerdem sind mir Fragen durch den Kopf geschwirrt, die mir im Nachhinein sehr lächerlich vorkommen, wie zum Beispiel ,Werden sie mich überhaupt erkennen?’, ,Werde ich sie erkennen?!’ und ,Umarmt man sich einfach zur Begrüßung??’. Immerhin war mir die Gastfamilie ja im Grunde fremd, auch wenn wir schon über längere Zeit E-Mails ausgetauscht hatten. Am Flughafen in Indianapolis lief dann aber alles ganz unkompliziert, wir haben uns sogar gegenseitig erkannt und gedrückt, und meine Gastfamilie war sehr herzlich, sodass ich mich sofort wohl gefühlt habe. Meine Gastfamilie besteht aus meinem Gastpapa, meiner Gastmama und meinen drei Brüdern, die 11, 13 und 15 waren, also ein bisschen jünger als ich. Wir wohnten in einem Vorort von Indianapolis, der Brownsburg heißt. Außerdem haben wir einen Hund und zwei Katzen. Es hat mich selbst überrascht, wie schnell ich mich an die Haustiere gewöhnt habe, obwohl wir hier in Deutschland keine haben. Landschaftlich ist die Indianapolis-Gegend nicht sonderlich aufregend; sie besteht zu einem Großteil aus Maisfeldern. Aber es hat etwas Harmonisches und jedes Mal, wenn ich jetzt an einem Maisfeld vorbei fahre, freue ich mich sehr und erinnere mich an die schönen Zeiten. =) Mit meiner Gastfamilie habe ich mich super verstanden! Natürlich gab es auch mal Streit oder Uneinigkeiten, eben ganz genau so wie in jeder Familie. Trotzdem haben mich besonders meine Gasteltern jederzeit unterstützt und waren immer für mich da. An meinen ersten schlimmen „Heimweh-Tag“ erinnere ich mich noch ganz genau. Es war nach ca. einem Monat und als es meine Gastmama bemerkte, hat sie mich erst mal ganz lange gedrückt, danach sind wir Eis essen gefahren, ich durfte alleine tanken (!) und danach bekam ich für meine Nägel French manicure. Und dann waren die trüben Gedanken auch schon wie weggeblasen. Anfangs war es schwer für mich, mich an die amerikanische Spontaneität zu gewöhnen. Wenn ich mich zum Beispiel auf einen Tag zuhause eingestellt hatte, ungeduscht war und es auf einmal hieß: „Macht euch fertig, in fünf Minuten fahren wir los!“ fühlte ich mich doch manchmal etwas überrumpelt. Aber ich habe mich schnell angepasst und fand es dann auch sehr schön so viel Zeit mit der Familie zu verbringen: Im Sommer zum Campen und Bootfahren an den See, meinem Gastbruder bei seinen Baseballspielen zuschauen, zusammen shoppen oder ins Kino gehen... Außerdem hatten wir eine sehr große Familie. Viele unserer Verwandten wohnten nicht weiter als 25 Minuten von uns entfernt, an der Southside Indianapolis. So konnten wir sehr oft zusammen Sachen unternehmen, sei es nur sich zum gemeinsamen Dinner treffen, Bowlen gehen, Kürbisse schnitzen oder auch ein gemeinsamer Urlaub am Golf von Mexiko. Diese engen Familienbande waren eine sehr schöne Erfahrung für mich und nicht zuletzt war ich davon überrascht und gerührt, wie selbstverständlich ich in die Familie aufgenommen wurde und wie wichtig mir jedes einzelne Familienmitglied in der Zeit geworden ist. Meine Schule, Brownsburg High School, hat 2000 Schüler, ist also um einiges größer als das, was ich von zuhause gewohnt bin... Es war anfangs auch nicht einfach Kontakte zu knüpfen, weil ich leicht in der Menge untergegangen bin und keiner überhaupt wusste, dass es Austauschschüler gibt, bzw. dass ich eine war. Aber das hat sich stetig verbessert und war irgendwann genauso wie es sein sollte :) Im Schulteam Tennis zu spielen, hat wahrscheinlich sehr stark dazu beigetragen Freunde zu finden und es hat einfach so viel Spaß gemacht ein Teil des Teams zu sein. So konnte ich den ganzen School Spirit direkt miterleben. Und auch sonst macht High School einfach riesig Spaß! Die Football-Saison war wahrscheinlich das Beste von allem, aber auch die Mottotage in der Schule, Theaterstücke, Chorauftritte, Tänze und natürlich Prom haben unglaublich viel Spaß gemacht. Vor allem weil so gut wie alle Schüler mitmachen! Das heißt, Amerikaner lieben es, sich zu verkleiden, zu singen und zu tanzen, oder gemeinsam mit ihren Freunden Schulveranstaltungen zu besuchen! Ich hatte das Glück ziemlich viel reisen zu können, sowohl mit meiner Gastfamilie, als auch auf verschiedenen Touren für Austauschschüler und mit meinen Eltern, die mich Ende Mai nach dem Programm abgeholt haben. Dabei habe ich festgestellt, dass die Landschaften in den verschiedenen Regionen bzw. Staaten zwar sehr unterschiedlich sind, die Menschen aber überall freundlich, spontan, lustig und herzlich sind, sodass man sich sofort willkommen fühlt. Und jetzt, rückblickend auf ein unvergessliches Jahr, kann ich definitiv sagen, dass ich so unglaublich viele persönliche Erfahrungen sammeln konnte, sowie Amerika und seine Einwohner kennen und lieben gelernt habe, sodass ich mich jetzt selbst sogar selbst teils amerikanisch fühle. Denn man kann, finde ich, nicht anders, als sich in Amerika wohlzufühlen und es in sein Herz zu schließen!