Im Februar 2010 entschloss ich mich ziemlich spontan und kurzfristig dazu, ein halbes Jahr in Amerika zu verbringen. Es war dann sehr stressig alle Unterlagen in so kurzer Zeit auszufüllen, doch es hat alles geklappt. Dann ging das Warten los. Als ich Ende Juni noch immer keine Gastfamilie hatte, fing ich langsam an mir Sorgen zu machen, doch endlich war es dann doch soweit: Am 27. Juli sollte mein Flug gehen. Nur zwei Wochen blieben mir, um alles zu erledigen und mich mental auf den ersten Flug meines Lebens vorzubereiten. Dieser verlief dann aber eher unspektakulär.
Das Orientation Camp in New York war total super, aber auch anstrengend. Es war heiß und wir waren den ganzen Tag auf den Beinen. Das Englischsprechen fiel nicht sonderlich schwer, auch wenn es zunächst ungewohnt war. Dann ging es weiter zur Gastfamilie. In meinem Fall erst einmal zum local representative, da meine Hostmom noch im Urlaub war. Ich musste nicht alleine weiterfliegen, sondern hatte noch zwei Begleiterinnen, die ebenfalls nach Alabama flogen. Die eine ging sogar mit mir zur Schule. Die Autofahrt vom Flughafen zu Jeannie (mein local rep.) war ganz entspannt und auch amüsant, da wir an einer Reihe von Autohäusern vorbeifuhren und ihr Sohn mich bei jedem fragte, ob es das auch in Deutschland gäbe.
Am nächsten Tag sollte ich dann mit in die Kirche. Zuerst ging ich zur sunday school, wo wir etwas über eine ausgewählte Bibelstelle lernten. Danach war der Gottesdienst. Ich war reichlich verwirrt als während der Predigt einfach die Zustimmung mit lauten Rufen kundgetan wurde und allgemein war alles komisch. Ich sah so viele neue Gesichter und war einfach vollkommen überwältigt und überfordert. Am Nachmittag ging es dann endlich zu meiner Hostmom. Die Begrüßung war total herzlich und wir haben uns sofort super verstanden. Sie ist zwar auch Deutsche, doch trotzdem haben wir nur Englisch gesprochen. Ihre Tochter und Enkelin waren aus Deutschland zu Besuch und auch ihr Sohn und seine Familie aus Louisiana kamen für ein Wochenende vorbei. Wir sind währen meines Aufenthalts oft übers Wochenende nach Louisiana gefahren, was bei fünf Stunden Fahrt schon immer anstrengend war.
Die Schule hatte ca. 1700 Schüler und anscheinend waren dort oft Austauschschüler, was das Finden von Freunden etwas erschwerte. Trotz meiner Schüchternheit hatte ich aber kaum Probleme und hatte aus allen Jahrgangsstufen Freunde. Ich hatte in allen Fächern die beste Note, ohne etwas dafür zu tun, weshalb ich die schlechten Noten mancher Leute in meinen Kursen nicht nachvollziehen konnte. Heimweh hatte ich keins. Rückblickend kann ich sagen, dass ein halbes Jahr viel zu kurz war, weil die Zeit einfach vorbeizufliegen schien und es mir so gut gefiel, dass ich gar nicht mehr weg wollte. Obwohl ich nicht gerade eine Anbeterin der Sonne und der Wärme bin, vermisse ich das Klima total. Am liebsten möchte ich sofort wieder fliegen!