Ich glaube ich habe meinem Austauschsemester schon entgegen gefiebert, da war ich gerade einmal zwölf. Ich wollte einfach nur weg, dass ich unbedingt nach England wollte war mir auch schon sehr früh klar, abgesehen davon dass der British Accent unvorstellbar toll klingt, ist England einfach ein wunderschönes Land, mit einer wahnsinnig faszinierenden Geschichte. Ich habe mich relativ früh bei into angemeldet, am Anfang war ich noch vollkommen euphorisch, aber die Wochen vergingen, dann waren es Monate und ich hatte noch immer keine Gastfamilie. Am PDS legte sich meine Nervosität Gott sei Dank wieder, einerseits weil viele andere auch noch keine Familie hatten und andererseits, weil man die Retournees mit Fragen löchern konnte. Es war einfach beruhigend zu sehen, dass ich nicht die einzige Person mit hunderten von Fragen war. Im Dezember habe ich dann das wohl schönste Geburtstagsgeschenk meines Lebens bekommen, ganz genau an meinem Geburtstag war sie da, die Mail mit den Informationen zu meiner Gastfamilie! Die nächsten Tage habe ich damit verbracht die Stadt, in der ich für das nächste halbe Jahr wohnen würde zu googeln. Ich habe mir die Fotos die sie mir geschickt haben immer wieder angesehen. Als ich meine Gastfamilie das erste Mal angerufen habe, war ich richtig nervös, ich glaub mir ist noch nie im Leben ein piepen in der Leitung so lange vorgekommen. Endlich war eine Stimme am anderen Ende zu vernehmen, leider verstand ich so gut wie gar nichts von dem was mein Host Dad redete. Ich glaube ich habe gerade einmal yes und no herausgebracht, ich war relativ froh den Hörer an meine Eltern weiter geben zu können. Die letzten zwei Wochen vor meiner Abreise fragte mich ständig jemand ob ich nervös sei und ob ich mich schon freue. Ich habe dann nie gewusst was ich sagen soll, denn dieses Auslandssemester kam mir einfach unwirklich vor. Wirklich realisiert, dass ich meine Familie und meine Freunde jetzt für ein halbes Jahr nicht mehr sehen würde, hab ich erst als ich am Flughafen gestanden bin. Ich würde von Minute zu Minute nervöser und als ich in Manchester landete war es überhaupt aus. Ich bin mit dem Local Rep zu meiner Gastfamilie gefahren, als ich mein neues zu Hause das erste mal gesehen habe, habe ich mir nur gedacht, wie soll ich das jemals wiederfinden, es war eben typisch britisch, ein rotes Backstein Haus. Meine Gasteltern haben mich sehr freundlich begrüßt, mein Gastbruder jedoch hat mich keines Blickes gewürdigt, nicht einmal Hallo hat er gesagt. Meine Gasteltern haben mich gleich mit Fragen gelöchert und ich bin mir ein wenig verloren vorgekommen. Als ich am Abend im Bett lag, ist Alles über mich herein gebrochen, ich habe mir nur gedacht, auf was zur Hölle habe ich mich da eingelassen, alles in allem war es wohl eine der schlimmsten Nächte meines Lebens. Aber am nächsten Morgen sollte sich alles ändern. Da lernte ich nämlich meine Host Sister kennen. Sie hat mich sofort mit in die Stadt genommen, mich all ihren Freunden vorgestellt und spätestens als ich bemerkt habe, dass ich gerade mal 20 Minuten zum nächsten Topshop brauche, da wusste ich, dass das Auslandsemester eine sehr kluge Entscheidung war J Auch die Tatsache, dass in der Schule alle wahnsinnig nett waren und ich nur vier Fächer hatte, die ich mir selbst aussuchen konnte (Nie mehr Mathe!!!), war ziemlich cool, auch wenn mir die Schule am Anfang riesig vorgekommen ist. Langweilig war mir während dem gesamten halben Jahr wirklich nie, entweder ich war mit meinen Freunden bei Starbucks, oder wir waren im Kino, oder am Abend mal gemeinsam was Essen. Am Wochenende sind wir öfter ins Outlet gefahren, außerdem habe ich mit dem Zug nicht lange nach Liverpool und Manchester gebraucht, das Beatles Museum und der Strand, waren also nicht allzu weit entfernt. Die beste Zeit war allerdings der Study Leave, die Engländer mussten alle für ihre Exams lernen, aber wir Austauschschüler hatten einen Monat frei. Diese Zeit habe ich genützt um mit einer Freundin Wales, Irland und London zu erkunden. Wenn ich mich an mein Austauschsemester erinnere dann zaubert das immer wieder ein Lächeln auf mein Gesicht, dann sehe ich meinen Host Dad vor mir, wie er mir am Sonntag in der Früh, ein echtes Breakfast macht, mit Baked Beans, Eggs und allem drum und dran. Ich sehe meine Host Mum und mich in der Küche sitzen, eine Tasse Tee in der Hand und stundenlang quatschen. Ich sehe noch genau vor mir, wie ich mit meinen Freunden am Abend durch die Stadt gegangen bin und wir über die Frauen gelacht haben, die sich für das Pferderennen, diese lustigen Federn und Hüte auf den Kopf gesteckt haben. Ein Auslandsemester hat fast nur Vorteile, man perfektioniert seine Sprachkenntnisse, lernt neue Leute und eine andere Kultur kennen, aber einen großen Nachteil gibt es. Egal wie lange man schon wieder zu Hause ist, ein wenig Heimweh nach seinem Austauschland, wird man wohl immer haben.