Als ich im Frühjahr 2015 von meinen Freunden gefragt wurde, was ich denn nach meinem Abi machen will, antwortete ich spontan: „Erst mal etwas sinnvolles!“ Diese Aussage wirkte im Zusammenhang mit meiner Schullaufbahn, dem vorbereiten aufs Abi und die spätere Zukunft sehr banal. Doch ich stehe noch immer zu dieser Aussage. Heute können wir drüber lachen, doch es stimmt. Ich habe in Schottland für die Schottische Natur sinnvolle Dinge getan.
Es mag vielleicht komisch wirken, aber mir hat die Beseitigung von „non-native invasive plants“ sehr viel Spaß gemacht. Wir haben „Himalayan Balsam“ gesucht und dann ausgerupft. Also eher gejagt und vernichtet, denn diese Pflanze zerstört den Naturraum der schottischen Pflanzen. In Deutschland zum Beispiel wird dieses Unkraut nicht mal mehr bekämpft, da es schon ganze Landstriche übernommen hat. Man kann sich das zwar sehr langweilig vorstellen – war es aber nicht, da wir in sehr schöner Natur unterwegs waren. Wir sind in kleinen Flüssen gewandert, waren umgeben von Hügeln oder „fast-Schluchten“ und mussten das ein oder andere Mal durch tiefe Stellen gehen oder dran vorbeiklettern. Was ich immer wieder gerne berichte, ist das ein Reservat an einigen Stellen wie der Regenwald aussah und das ich durch einen 170m langen Tunnel gewandert bin, nur mit einer Taschenlampe in der Hand und dem Wasser unter mir, um einen Bahndamm zu umgehen.
Eine andere Aufgabe, die im Hoch- und Spätsommer vermehrt auftritt, ist das Instandhalten der Wege in den Reservaten. Man kriegt einen Trimmer umgeschnallt, einen Helm auf, bekommt eine Einführung, und darf dann, wenn man seine Trimmerlizenz erhalten hat, sich an die Wege wagen. Du magst nun denken: „PAH! Rasenmähen ist leicht!“ Das kann man sagen, stimmt aber nicht ganz. Wenn man zum Beispiel an Holzstegen mähen muss, sollte man diese natürlich nicht anmähen, oder auch keine anderen Pflanzen als die vorgeschriebenen mähen. Bei dieser Aufgabe erlebt man die Reservate von ihrer schönen Seite und man sieht den Unterschied, den man an einem Tag gemacht hat. Vor allem lernt man aber auch die Arbeit, die andere Leute in den Parks machen zu schätzen und will, dass diese dann auch bestehen bleibt und nicht durch Vandalismus zunichte gemacht wird. Dies geschieht leider auch hin und wieder. So mussten wir als Team einmal einen zerstörten Parkplatz in einem Reservat reparieren.
Ich durfte auch während meines Volontariats eine der weniger häufigen Arbeiten ausführen. Einreißung und Reparatur einer Mauer. Wir taten dies, im Zuge der Erschließung neuen Weidelandes für ein paar Kühe der „Flying Flock“, der fliegenden Herde der Partnerorganisation. Bei dieser Arbeit konnten wir 184 Jahre alte Baukunst und deren Haltbarkeit und Hartnäckigkeit bewundern um sie dann am Ende wieder zum Teil nachahmen zu dürfen.
Es gab auch eine Aufgabe, die wir zweimal in einem Reservat machen mussten – und zwar so richtig old-school mäßig. Wir haben Heu gemacht. Mir hat das sehr viel Spaß gemacht, weil mein Opa mir immer erzählte, wie er das damals machen musste. Unser Teamleader hatte eine kleine Mähmaschine, mit der wir das Feld mähten und dann durften wir mit Rechen und Mistgabeln das Heu drehen und wenden. Nach ein paar Tagen trockenen Wetters wurde dann aus dem Heu Heuballen gemacht, wieder mit einer kleinen Maschine. Das fertige Produkt, unsere Heuballen, wurden dann entweder an einen lokalen Pferdehalter verkauft, oder an die „Flying Flock“ weitergegeben.
Zum Winter hin, beginnend meist ab Oktober, werden Bäume gefällt. Es wird geguckt, dass sich diese meist für Handfällung eignen, da nur wenige die Kettensäge benutzen dürfen und große Bäume für ungeübte Baumfäller eine Gefahr darstellen. Aber wenn man dann seinen eigenen ersten Baum gefällt hat, kann man nicht mehr Aufhören. Ich versuchte meine Schnitte zu perfektionieren und probierte auch neue Methoden aus, die mir von den Teamleadern gezeigt wurden. So hatte ich jemanden der es mir zeigte und mich durch den Prozess des Baumfällens führte und mich dann darauf hinwies, wenn ich einen Fehler machte.
Über meine Zeit in Schottland kann ich mich echt nicht beklagen, selbst das Wetter war wider erwarten gut. Wir mussten in der Zeit in der ich da war, nur zweimal früher wegen Regen aufhören und einmal konnten wir gar nicht erst anfangen. Stattdessen haben wir uns dann Reservate angeguckt und eine lokale Sightseeingtour bekommen. Wenn man so überlegt was es in einigen Teilen Deutschlands so regnet war man da doch recht regenfrei. Aber egal bei welchem Wetter, wenn man zurück in seinem Heimatland ist, wird man auf jeden Fall die Arbeit und die frische Luft vermissen.
Und natürlich verbesserte sich auch mein Englisch, ich war darauf angewiesen täglich mit meiner Gastmutter oder den Leuten bei der Arbeit mich auf Englisch zu verständigen. Nach ein paar Wochen dachte ich dann auch in Englisch und konnte meist ohne großes Überlegen mich fließend unterhalten. Ich hatte in Deutschland dann zum Teil das Problem, dass ich auf Englisch Sätze anfing und mich die Leute anguckten und sich wunderten was der nun hat. Ich fand es war eine gute und wichtige Erfahrung in einem fremden Land mal etwas zu tun, was so gar nicht dem vorherigen Leben entsprach und einen nicht nur geistig förderte, sondern einen abends manchmal erschöpft, aber glücklich ins Bett fielen ließ.