Ich studiere Grundschullehramt an der Universität Paderborn mit der Fächerkombination sprachliche Grundbildung, mathematische Grundbildung und Englisch. Eine neue Studienordnung besagt, dass alle Studenten von Fremdsprachen mindestens 12 Wochen in eben diesem Land verbringen sollen. Hier sollen sie keineswegs einen Urlaub verbringen, sondern arbeiten, Praktika absolvieren oder einer vergleichbaren Tätigkeit nachgehen. Dies soll es den Studenten ermöglichen, die Sprache nicht nur in der Uni anzuwenden, sondern auch einmal im Alltag. Außerdem sollen die Studenten die Angst überwinden die Sprache anzuwenden. Als ich selbst von dieser neuen Studienordnung erfahren habe, lief es mir kalt den Rücken herunter: Ich soll ganz allein ins Ausland gehen und dort auch noch 3 Monate bleiben?! Niemals! Ich habe mir die dollsten Ausreden überlegt, um um diesen Aufenthalt herumzukommen, doch letztendlich fühlte ich mich herausgefordert. „Na klar schaffe ich es auch im Ausland klar zu kommen! Es ist doch eine Erfahrung für´s Leben auch mal in eine andere Schule hereinzu- schnuppern! Davon kann ich noch meinen Enkelkindern berichten!“
Und so machte ich mich auf die Suche nach Möglichkeiten. Hierbei stellten sich mir viele Fragen: Wo will ich überhaupt hin? (England, Irland, Amerika,...); Wo will ich dann leben? (Gastfamilie, WG, allein); Wie soll ich all das bloß finanzieren? Was will ich im Ausland machen? (Praktikum in einer Grundschule, Praktikum in einem Kindergarten, arbeiten gehen, Freiwilligenarbeit in einem Tierheim etc.) Da ich mit der Universität das gesamte Semester über eingebunden bin und es für mich auch nicht in Frage kam, während des Semesters ins Ausland zu gehen, entschied ich mich dafür, die drei Monate zu splitten in 2 Monate und dann noch mal 1 Monat. Außerdem hielt ich es für richtig eine Organisation damit zu beauftragen, mich ins Ausland zu vermitteln. Hierbei entschied ich mich für das europäische Ausland – nämlich Irland. Für mich war auch klar, dass ich ein Praktikum in einer Grundschule machen wollte. Des Weiteren wollte ich auch in einer irischen Gastfamilie leben, um das irische Leben und den Alltag hautnah mitzuerleben, aber auch um irgendwie aufgefangen zu werden und nicht ganz allein sein zu müssen.
Die Vermittlung in die Gastfamilie und die Schule ging sehr reibungslos und ich erhielt alle nötigen Daten, um mein Abenteuer zu beginnen. So stieg ich Mitte Februar aus dem Flugzeug in Dublin und folgte den Anweisungen aus den Emails um nach Kilkenny zu gelangen. Der JJ Kavanagh – Bus brachte mich langsam (die Fahrt dauerte 3 Stunden(!!!)), aber sicher nach Kilkenny. Hier würde ich allen anderen empfehlen auf den Dublin Coach umzusteigen, hier muss man zwar 1 Mal umsteigen, aber dafür braucht man nur 1,5 Stunden. Ich kam nach 12 Stunden Reise in Kilkenny an und wurde an der Bushaltestelle von meiner Gastmutter empfangen. Die Gastmutter ist eine waschechte Irin. Sie war neugierig, herzlich, aufbrausend, relaxed uvm.! Das kleine Haus meiner Gastfamilie lag mitten im Zentrum von Kilkenny. Das war wirklich sehr gut, denn zur Schule brauchte ich morgens 10 Minuten und zu den Pubs gerade mal 5.
Gastfamilie: Meine Gastmutter war alleinstehend und sie versuchte alles, mir meinen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Man hat aber immer wieder gemerkt, dass es in der Familie an finanziellen Möglichkeiten mangelt. So fand ich es mehr als schrecklich, dass es kein (!!!) W-Lan gab. Mein Zimmer war auch nur spartanisch eingerichtet und es fehlte an allen Ecken (beispielsweise gab es keinen Ganzkörperspiegel, es gab nur eine einzige Müslischüssel und gerade einmal 2 kleine Löffel). Das alles mag sich jetzt blöd anhören, aber letztendlich habe ich es auch als Chance gesehen. Ich lernte also mich einzuschränken und auch mit anderen Verhältnissen als den aus Deutschland gewohnten umzugehen. Das Essen war ganz anders als in Deutschland. Dies beginnt schon beim Frühstück: Full irish breakfast besteht aus Bohnen, Speck, Würstchen, black and white pudding. Als Alternative gibt es noch Porridge, eine Art Haferschleim. Zum Glück konnte ich meiner Gastmutter erklären, dass ich sehr gern Toast mit Käse frühstücke. Sie hat mir immer besorgt, was ich gern mochte. Die Esskultur an sich bestand aus sehr viel „Takeaway“ und Convience food und natürlich „mashed potatoes“ (Kartoffelpürree). ☺ Aber auch hier habe ich mir oft wünschen dürfen, was es zu essen geben sollte. In dem Haus der Careys war immer etwas los. Ganz anders als in Deutschland kamen mehrmals am Tag Besucher vorbei. Die Haustür war nie abgeschlossen und so war meine Gastmutter öfters am Tag in der Küche mit einer Nachbarin/Freundin/Tochter bei einer Tasse Tee anzutreffen. Alle Besucher waren mehr als freundlich und interessiert an mir. So saß ich häufig in der Küche und fühlte mich als wäre ich schon immer dort gewesen.
Schule: Die Praktikumsschule ist eine sehr christliche Schule. Ich war mehr als gespannt auf das irische Schulsystem und konnte es kaum erwarten, das Praktikum zu beginnen. Die Rektorin der Schule begrüßte mich sehr herzlich und auch das Kollegium war sehr froh, dass ich da war um mit anzupacken. Meine Tätigkeiten gingen vom Lesetraining über Matheunterricht bis hin zu einfachen Hilfstätigkeiten. Die Lehrer und die Kinder waren alle sehr nett und ich fühlte mich zu jeder Zeit Willkommen. Die Kinder und das Kollegium bedankten sich so gut wie jeden Tag für meine Hilfe. Ich hatte aber auch sehr viel Gelegenheit den Unterricht und den Schulalltag einfach nur beobachten und konnte viele Anregungen für meine Zukunft mit nach Hause nehmen. Was mir aber am meisten in Erinnerung bleiben wird, ist es, dass die irische Sprache noch viel präsenter ist, als man eigentlich glaubt. Alle (!) Straßenschilder in ganz Irland sind sowohl in Englisch als auch in Irisch beschriftet. Die Schule unterrichtet das Fach irisch und es gehört zur Lehrerausbildung dazu, dass jeder Lehrer Irisch spricht.
St. Patrick´s Day: Ich hatte das Glück genau während des St. Patrick´s Day in Irland zu sein. Hier erlebte ich Feierlichkeiten in der Schule und auch die Zeremonie in Dublin hautnah mit. In der Schule begangen die Vorbereitungen schon einige Wochen vorher. Es wurden Mützen und Hüte gebastelt. Die Schülerinnen trainierten fleißig für das Irish dancing und die Kinder lernten Lieder auswendig. An dem Freitag vor dem Feiertag versammelte sich dann die ganze Schule in der Aula und alle Lehrer und Schüler kleideten sich in grün. Jede Klasse hat dann eine Kleinigkeit vorgetragen. Ich habe an diesem Tag in der Schule ein Gefühl von Zusammgehörigkeit erlebt, das ich aus Deutschland nicht kenne. Alle Schüler tanzten und lachten miteinander in einer sehr friedlichen Atmosphäre und feierten ihr Heimatland. Ich fuhr zum St. Patrick´s Day selbst nach Dublin und schaute mir die riesige Parade an. Ich würde die Parade und die gesamte Feierlichkeit mit Karneval in Köln vergleichen. Hier stellten sich verschiedene Regionen und Partnerstädte mit ihren eigenen Ideen und Tänzen vor. Ich bin froh, dabei gewesen zu sein.
Freizeit: In meiner Freizeit habe ich mich zu Beginn etwas schwer getan Leute kennen zu lernen. Die Lehrerinnen aus dem Kollegium waren zum größten Teil verheiratet und hatten Kinder, so dass sie wenig Lust verspürten mit mir um die Häuser zu ziehen, oder einen Kaffee trinken zu gehen. Erst nach 5 Wochen bot mir eine sehr nette Kollegin an zu Billy Byrnes´ movie night zu gehen (die ich nur jedem, der in Kilkenny ist, empfehlen kann). Außerdem habe ich noch ein sehr nettes deutsches Au Pair kennen gelernt, die aber leider aus Carlow kam, was 40 Minuten entfernt liegt. So haben wir meistens nur die Wochenenden zusammen verbracht. An den Wochenenden habe ich mir 3 Mal ein Auto gemietet, da die öffentlichen Verkehrsmittel erstens nicht gut ausgebaut sind und zweitens recht teuer sind. Ich kann jedem nur empfehlen ein Auto zu mieten. Es ist recht günstig und außerdem ist man total flexibel. Irland mit dem Auto auf eigene Faust zu erkunden war einfach traumhaft. Die Straßen sind so verschlungen und es gibt einfach überall etwas zu entdecken! Die Natur und die Abgeschiedenheit Irlands wird mir immer in Erinnerung bleiben! Sehr zu empfehlen sind, meines Erachtens nach, die Cliffs of Moher, die Wicklow Mountains (hier sollte man aber immer in Begleitung eines männlichen Erwachsenen sein, da es wohl einige mysteriöse Todesfälle gab) und ich empfehle es sehr einfach mit dem Auto an der Küste entlang zu fahren und immer dann anzuhalten, wenn es etwas zu sehen gibt!
Alles in allem bin ich gestärkt und um einige Erfahrungen reicher wieder in Deutschland. Ich habe in Irland gelernt, dass ich Dinge auch allein schaffen kann und, dass ich immer den Weg finde, auch wenn ich gerade gar nicht weiß, wo ich eigentlich bin. Ich habe auch gelernt, dass mein Englisch besser ist, als gedacht und dass wir Deutschen stolz darauf sein können eine Fremdsprache so gut zu beherrschen, denn es ist in Ländern wie Irland gar nicht an der Tagesordnung eine Fremdsprache zu lernen.